Dienstag, 20. Oktober 2009

Always have an Escape Plan

Das war er also, der Abend ohne Glossen und Grotesken.

Passend zu Blätterrascheln und Herbststimmung waren hintergründige Lyriker, landesweit erfolgreiche Slammerinnen und Slammer und Debütanten gleichermaßen eingeladen gewesen, sich mit ihren Texten einmal unter Verzicht auf Nonsens, ironische Untertöne und satirische Überhöhung zu messen. Acht von ihnen nahmen die Einladung sportlich an, um an diesem Abend in einer Gewichtsklasse gegeneinander anzutreten.

Die Frage lag natürlich auf der Hand: »Warum muß man einen Poetry Slam mit ausschließlich ernsten Texten auf die Bühne bringen?«, und genauso offensichtlich war die Antwort: »Weil es Spaß macht!«. Weil es die Vielfalt dieser Dichterwettstreite eben gerade unterstreicht. Weil es spannend, aber auch entspannend ist, einen Abend lang einmal nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.

Faul - der Kalauer sei gestattet - waren sie allesamt nicht, die acht Autoren, die am vergangenen Sonntag auf die Bühne des BLUE SHELL getreten sind. In der Vorrunde haben sie alles gegeben und diese nicht weniger vielfältig gestaltet, wie an jedem anderen Abend.

Doch wie an jedem anderen Abend war auch diesmal eine Hürde vor das Halbfinale gestellt. Nach der Pause verabschieden mußte das Publikum sich von Adrienne Brehmer, Thorsten Krämer, Claas Neumann und Peter Scholz. Danach wurde das Licht gedimmt für eine erotische Geschichte von Gerlis Zillgens, einem Chat-Protokoll, das freilich eher Frühlingsgefühle wachrief, als Herbststimmung. Auch Sevis Blut geriet in Wallung und ganz lokalpatriotisch trug der Österreicher einen Mundarttext vor: »I woas net«.

I woas zumindest, daß das Publikum selten so durchgehend gebannt gelauscht hat, wie an diesem Abend, die Stille nur durchbrochen von tosendem Applaus. Am lautesten dann gegen Ende für Markus Freise, der eine Nachtfahrt schilderte, in der die Weißheit aufleuchtete: »Liebe ist ein anderes Wort für Mut«. Und am allerlautesten für Schriftstehler, der wiederum die Stille beschwor. Die Stille, die Dich krank macht, weil Du vor Dir selbst am meisten Angst hast.

Damit der Abend nicht allzu trocken endet, bekam der strahlende Schriftstehler aufs Siegertreppchen eine Flasche Wein aus Edelstahl gereicht, die sich als Kellnermesser entpuppte, in das die Abteilung Q neben Korkenzieher und Flaschenöffner auch noch eine Lupe eingebaut hat - damit trinkfreudige Literaturagenten auch noch bei der zweiten Flasche das Kleingedruckte auf dem Etikett entziffern können...

Schriftstehlers Zugabe, das ist bereits versprochen, gibt es am 15. November im BLUE SHELL: »Poetry-Slam ist das, was du daraus machst«. Die letzten Worte daraus jedoch gibt es heute schon, als letztes Wort:

»Ich stehe auf der Bühne und weiß genau, dass ich für meine Texte und meine Meinung von Menschen wie dir von allen Seiten auf die Fresse bekomme. Nur nicht von vorn.«

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Danger. Suspense. Excitement. There must be when Slam's around

In Köln geht man zum Lachen wahrlich nicht in den Keller. Man geht ins Kabarett, zu allen erdenklichen Kleinkunstformaten und mitunter auch schon mal zum Poetry Slam.

Doch immer wieder äußert sich Unmut darüber, daß gerade die Performance-Poesie im Fünf-Minuten-Takt mehr und mehr zur Stand-up Comedy gerät und bestenfalls noch literarische Formen wie Glosse und Groteske zum Vortrag kommen.

Am 18. Oktober nun erwartet die Besucher des Poetry Slams THE WORD IS NOT ENOUGH ein ganz besonderer Abend, denn endlich kehrt die Poesie zurück in den Slam: Acht Autoren bestreiten einen Abend ohne Glossen und Grotesken - Inmitten des »Internationalen Köln Comedy Festivals« und zehn Tage vor Beginn der 13. deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften »Slam 2009«.

Die Teilnehmer messen sich mit ihren Texten unter Verzicht auf Nonsens, ironische Untertöne und satirische Überhöhung. Im Vordergrund stehen an diesem Abend das Erzählerische, die Poesie und vor allem der Ansporn, die Zuhörer mit packenden Texten zu packen.

Freudlos wird es indes nicht zugehen. Gesucht wird keinesfalls der deprimierendste Vortrag, vielmehr soll Spannung einmal über Sprachwitz und Humor gestellt werden, und Poesie über Pointen.

Daß der Abend gewohnt kurzweilig wird und voller Überraschungen, das garantiert das Line-up aus weitgereisten Slam-Profis [darunter Schriftstehler aus Hamburg], Kabarettisten [Lothar Tolksdorf vom Ensemble »Die Kollateralschädel«] und Autoren [Thorsten Krämer und Gerlis Zillgens].

Donnerstag, 1. Oktober 2009

I always enjoyed learning a new Tongue

Totgesagte leben ja bekanntlich länger...

Poetry Slam mag mitunter schonmal etwas kurzatmig sein und ein Gentleman-Literatur-Agent auch mal am Stock gehen - totzukriegen sind sie nicht. So war die Stimmung im BLUE SHELL denn auch gewohnt ausgelassen, als sieben quicklebendige Autoren die Slam-Bühne betraten.

Christian Gottschalk, Jens Hinrich Hellmann und Stefan Rosenland verabschiedeten sich nach einem kurzen Stelldichein vor der Pause.

Im Halbfinale ging es zunächst zunächst romantisch her, mit David Grashoff, der eine Sommerliebe in Südfrankreich Revue passieren ließ, und Cathérine de la Roche, die einem eindrucksvollen Unbekannten den Hof machte.

Quichotte ging dann schon etwas deutlicher ran: F*** nicht mit dem Falschen! war Leit- und Leidspruch seines Beitrags, einer weiteren Lebensgeschichte, wie jener des Battle Rapper a.D., mit der er im Vormonat bereits reüssierte. Im Finale begab er sich auf das dünne Eis des Freestyles - auf die Worte »Wort« und »Pirat«, man könnte meinen, ein Wink zu David Grashoffs Lesebühne,den Wuppertaler Wortpiraten.

Geschlagen geben mußte er sich jedoch Theresa Hahls poetischen Ausführungen. Im Halbfinale noch über die Zeit, als sie klein und die Welt noch groß war, im Finale dann über verlorene Träume und Zahlenwelten. Das alles zusammen ergab die traumhafte Zahl, die ihr den Sieg bescherte...

... und die neueste Wunderwaffe der Abteilung Q, ein Barbeque-Schwert, mit dem die überzeugte Vegetarierin gleich zielsicher eine Banane aufspießte.

Wenn das nicht Poetry Schlemmen ist...